1564 – 1616 England
Wilhelm Jordan
18.
Ob ich den Sommertag
vergleichbar finde
Mit deiner Milde,
deiner Huldgestalt?
Ach, auch im Mai
zerstören rauhe Winde
Den
Knospenschmuck, der Sommer stirbt so bald!
Jetzt flammt des
Himmels Auge auf die Flur
Zu heiß herab, und
jetzt in mattem Schein,
Und alles Schöne
büßt an Schönheit ein
Im Zufallsspiel,
im Wechsel der Natur.
Doch nimmer soll
dein Sommerglanz ermatten,
Nie dir die
Schönheit, die dich schmückt entgleiten,
Nie prahlerisch
der Tod auch dich verschatten;
In ew’gen Zeilen
wachse durch die Zeiten.
So lang’ ein Athem
geht, ein Auge sieht,
Belebt auch dich
mein lebensvolles Lied.
66.
Nach Grabesruhe
sehn’ ich mich ermattet;
Denn das Verdienst
erblick ich bettelarm,
Das leere Nichts
mit Reichtum ausgestattet,
Die reinste Treue
in des Meineids Arm,
Als Beute der
Gewalt die Huld des Weibes,
Der Schande Kleid
mit Ehrengold verbrämt,
Des Geistes Würde
wie die Kraft des Leibes
Durch Tyrannei
verkrüppelt und gelähmt,
Die Kunst im
Zungenzaume der Beamten,
Die Weisheit in
der Toren Vormundschaft
Die Wahres stets
als Unverstand verdammten,
Und alles Gute in
des Bösen Haft.
Das bin ich satt
und stürbe gern – ach, bliebe
Da nur nicht
völlig einsam meine Liebe!